Košice ist seit langem eine Multikulturelle Stadt, erfahren die Teilnehmenden des 27. AGSM Seminars

28.11.2024

Die politische Situation und insbesondere der zunehmende Rechtsextremismus sind ein aktuelles Anliegen der slawischen Minderheiten in Europa. 14 Volksgruppen aus 11 Ländern nahmen vom 14. bis 17. November 2024 am 27. AGSM-Seminar in Košice, Slowakei, teil, das von der tschechischen Minderheit in der Slowakei ausgerichtet wurde.

„Die politische Situation ist in einigen Ländern sehr kritisch. Das gilt auch für den schrecklichen Krieg in der Ukraine, der uns als AGSM besonders betrifft. Nationalistisches Denken gewinnt mehr und mehr an Einfluss. Eine wichtige Frage ist, wie Sprache und Kultur angesichts der politischen Unsicherheit bewahrt werden können“ - so AGSM-Sprecher Hartmut Leipner in seiner Einführungsrede. Er wies darauf hin, dass die Probleme von Minderheiten keine Randerscheinung sind, sondern ein Gradmesser für Demokratie und Partizipation. Der Sprecher betonte die Bedeutung eines regelmäßigen Dialogs: „Es ist immer besser, miteinander zu reden, als aus der Ferne zu urteilen. Nur so können wir voneinander lernen und unsere Interessen gemeinsam vertreten“.

Er erinnerte die Teilnehmenden daran, dass sich die Lage der autochthonen Minderheiten in den letzten zehn Jahren in ganz Europa erheblich verschlechtert hat. Es gibt positive Beispiele, aber es zeichnen sich auch negative Trends ab, beispielsweise in den baltischen Staaten, wo russische Schulen geschlossen werden, aber auch in Polen. In Ländern, die das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und die Sprachencharta ratifiziert haben, werden die Empfehlungen des Übereinkommens zunehmend ignoriert. Dies wurde in der Hauptresolution des FUEN-Kongresses in Husum hervorgehoben.
Als ein aktuelles Beispiel nannte er die Erneuerung des Sprachengesetzes in der Slowakei. „Ich hoffe, dass dies nicht zu einer Verschlechterung der Position der nationalen Minderheiten führen wird. Ich hoffe, dass die Minderheiten am Gesetzgebungsverfahren teilnehmen können. Zumindest hat das der Parlamentspräsident Peter Žiga diese Woche gesagt“, sagte er.

Ing. Pavel Doležal, Präsident des tschechischen Verbands in der Slowakei

 

Ing. Pavel Doležal, Präsident des tschechischen Verbands in der Slowakei, und MUDr. Dagmar Takácsová, Präsidentin des tschechischen Verbands in Košice, begrüßten die Teilnehmer. Die Tschechen sind eine der 12 anerkannten Minderheiten in der Slowakei. Ihr Verband wurde 1993, unmittelbar nach der Teilung der Tschechoslowakei, gegründet. Er unterhält sieben Zweigstellen im Lande. Laut der Volkszählung von 2021 gaben etwa 30 000 Menschen Tschechisch als ihre erste und etwa 15 000 als ihre zweite Staatsangehörigkeit an. Sie haben keine eigenen Schulen und Kindergärten.
Vertreter der bulgarischen, russischen und deutschen Minderheit stellten ebenfalls ihre Arbeit vor und richteten Grußworte an die TeilnehmerInnen.

Der Koordinator der AGSM, Matic Germovšek Ž., bedankte sich für die aktive Rolle der Mitgliedsorganisationen in der AGSM und in der FUEN und hob den Beitrag der Slowaken aus Ungarn hervor, die die AGSM-Broschüre in die slowakische Sprache übersetzt haben, wodurch die Veröffentlichung in ihrer siebten Sprache möglich wurde. Er erwähnte auch die Rekordzahl an slawischen Teams, die bei der EUROPEADA 2024 vertreten sind, und gratulierte den Slowenen in Italien, die den Wettbewerb um die Ausrichtung der EUROPEADA 2028 in Friaul-Julisch-Venetien gewonnen haben.

Matic Germovšek Ž, Koordinator der AGSM

Die Anliegen des AGSM-Sprechers spiegelten sich auch in den Vorträgen der Vertreter der Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft slawischer Minderheiten wider. Der Rechtsextremismus nimmt in vielen Ländern zu, was sich auch auf die Arbeit der nationalen Minderheitenorganisationen auswirkt. Ein weiteres Problem ist, dass es in vielen Ländern zwar formale Rechte gibt, z.B. für das Schulsystem, diese aber in der Praxis nicht durchgesetzt werden, wie u.a. von Slowenen aus Österreich berichtet wird. Die jüngsten Volkszählungsergebnisse zeigen, dass die Zahl der Sprecher von Minderheitensprachen fast überall zurückgegangen ist, und das Schulsystem hat große Schwierigkeiten, dies zu kompensieren.

Im Rahmen dieser Themen empfahl die Vorsitzende des tschechischen Verbandes in Kosice, MUDr. D. Takácsová, für das nächste Treffen, die Frage der Identität, die Einbindung junger Menschen in die Arbeit der Nationalitäten und die Möglichkeiten des grenzüberschreitenden kulturellen Austausches zwischen den Mitgliedern der Arbeitsgruppe zu diskutieren.
Die Teilnehmer drückten ihre hohe Wertschätzung für Dr. Ewgen Župan aus, der im Namen der Rusinen in der Ukraine an dem Treffen teilnahm. Dr. Župan ist Kinderarzt und leitet die entsprechende Abteilung des Krankenhauses in der ukrainischen Stadt Mukachevo. Jeden Tag rettet er das Leben von Kindern, die in Kriegsgebieten verletzt wurden.

 

Evgen Zhupan, Vertreter der karpato-Ruthenen aus der Ukraine


Ein wichtiger Bestandteil der AGSM-Seminare ist es, die Realität vor Ort kennenzulernen, und dieses Jahr war da keine Ausnahme. Die Teilnehmer nahmen an einer Stadtrundfahrt durch die kulturreiche Altstadt von Košice teil, der ersten Stadt mit einem eigenen, vom König anerkannten Wappen aus dem 15. Košice verwendet noch immer seine „letzte“ Version des Wappens aus dem Jahr 1504. Ein Besuch der St.-Elisabeth-Kathedrale, der wichtigsten und größten Kirche im östlichen Teil der Slowakei, war ebenfalls Teil der Tour. Sie besuchten auch die Räumlichkeiten der tschechischen Vereinigung in Košice.

In der historischen Stadt Košice begrüßte die stellvertretende Bürgermeisterin Lucia Gurbáľová die AGSM mit den Worten, dass man stolz auf die Multikulturalität der Stadt sei, und sprach über die Unterstützung der Stadt für verschiedene Minderheiten.
Die Teilnehmer des AGSM-Seminars besuchten auch die Stadt Stará Ľubovňa, wo sie das Schloss und das ethnografische Museum besichtigten und mit der Zweigstelle Lubovna des tschechischen Verbands und dem Bürgermeister der Stadt zusammentrafen. Dort diskutierten sie über die lokale Einbindung von Minderheitengemeinschaften. Bürgermeister PhDr. Ľuboš Tomko hob die Vielfalt der Stadt und die verschiedenen Ethnien hervor, die in Stará Ľubovňa friedlich zusammenleben. Die Auftritte eines Chors und einer Tanzgruppe waren ebenfalls Teil des Abendprogramms des AGSM-Seminars. 

 

TeilnehmerInnen des 27. AGSM Seminars erkunden die Stadt Košice

Hier können Sie die Fotogalerie vom Seminar finden.

Hier finden Sie die slowakische Übersetzung der AGSM Broschüre.

 

Die AGSM
Die 1996 gegründete und derzeit 33 Mitgliedsorganisationen umfassende Arbeitsgemeinschaft der Slawischen Minderheiten ist eine etablierte Arbeitsgruppe im Netzwerk der FUEN. Die jährlichen Seminare der slawischen Minderheiten in Europa, die jeweils an einem anderen Ort organisiert werden, haben eine lange Tradition. Im Jahr 2017 übernahm die FUEN-Koordinierungsstelle die Koordination der AGSM, wodurch die langjährigen Bemühungen der Arbeitsgruppe, ihre Aktivitäten weiterzuentwickeln und zu professionalisieren, endlich verwirklicht werden konnten.